Leben
mit Demenz
Die
Alzheimer Krankheit geht uns alle an, sie ist keine Krankheit von Randgruppen.
Die Beeinträchtigungen der Gehirne finden bei Wissenschaftlern genauso statt,
wie bei intellektuell weniger anspruchsvollen Menschen. Keiner von uns weiß, ob
er nicht in ein paar Jahren orientierungslos durch die Straßen eilen wird, die
eigenen Kinder nicht mehr erkennen kann, oder das Geldbörsl im Kühlschrank
aufhebt. Statistisch gesehen hat jeder 5. von uns Ablagerungen, wie sie für die
Alzheimer- Krankheit typisch sind.
Von
den ersten unbemerkten Ablagerungen im Denkorgan bis zum Ausbruch der Erkrankung
vergehen rund 30 Jahre. In dieser Zeit verläuft der Zerstörungsprozess im
Gehirn stumm und unbemerkt. Aber wir können diese Jahre auch bewusst nützen!
Was
ist die Alzheimer-Krankheit?
Noch
wissen wir dies nicht so genau. Informationen im Gehirn werden von einer
Nervenzelle zu einer anderen übertragen.
Dazu benötigt man Überträgerstoffe (z.B. Acetylcholin, Glutamin), die in den
Nervenzellen gebildet werden und in kleinen Bläschen an den Synapsen (=
Nervenkontakten) gespeichert werden. Bei der Weitergabe einer Nachricht springen
diese Überträgerstoffe über den synaptischen Spalt und werden von den
Rezeptoren der nächsten Nervenzelle empfangen.
Einige
Fakten zum "Wunder" Mensch -
Obwohl
das Gehirn nur 2% des Körpergewichtes ausmacht, verbraucht es 20% des gesamten
Sauerstoffes und mehr als 25% der Nahrungsenergie in Form von Glucose.
Das
menschliche Gehirn besitzt 30 bis 100 Milliarden Nervenzellen, jede davon steht
mit bis zu 10.000 Synapsen in Kontakt zu anderen Nervenzellen. Das heißt, es
gibt im Gehirn etwa 1 Billiarde (Zahl mit 15 Nullen) Nervenzellverbindungen.
Wenn 10 Prozent der Synapsen zerstört sind durch Bildung von Eiweißkörpern,
den ß-Amyloid-Plaques, treten die ersten Alzheimer Symptome auf.
Charakteristisch für die Alzheimer-Demenz ist auch die veränderte
Konzentration an bestimmten Botenstoffen (Neurotransmittern) im Gehirn. Dazu gehören
vor allem Acetylcholin und Glutamat. Beide Stoffe sind für die normale Funktion
der Nervenzellen und die Signalübertragung zwischen den Neuronen von zentraler
Bedeutung. Da Nervenzellen in verschiedenen Hirnbereichen zugrunde gehen, führt
dies einerseits dazu, dass es zu einem Mangel an Acetylcholin kommt. Die
Synapsen sind leer, Acetylcholin wird zu rasch von Enzym Cholin-Esterase
abgebaut. Andererseits wird übermäßig viel Glutamat gebildet und zuviel
Glutamat kann die Neuronen zerstören.
Donepezil
(Aricept®), Rivastigmin (Exelon®) und auch Extrakte aus Ginkgo bremsen diesen
Abbau - es stehen wieder mehr Botenstoffe zur Verfügung, die Synapsen werden
aktiviert - die Patienten können zu Beginn einer Therapie im Anfangsstadium
wieder besser sprechen, lesen, sind weniger niedergeschlagen... Die Zeit nützen
für Sachen zu machen, die Spaß machen, Reisen, Familienangelegenheiten ordnen.
Der
Wirkstoff Memantine (Axura®, Ebixa®)beeinflusst den Rezeptor des Botenstoffes
Glutamat im Gehirn. Mit Memantine lassen sich die Aufmerksamkeit und die alltäglichen
Fähigkeiten verbessern – insbesondere bei fortgeschrittener Demenz.
Primäre
Demenz:
Alzheimer Demenz – 70%
Vaskuläre Demenz - 20%
- Durchblutungsstörungen, schlaganfallartige Symptomatik
Sekundäre Demenz:
Gedächtnisstörungen
werden bei verschiedenen Erkrankungen ausgelöst: Stoffwechselstörungen,
Schilddrüsenerkrankungen, Hirnhautentzündungen, Infektionen, Vergiftungen ...
·
Demenzsymptome: |
|
Gedächtnisstörungen (speziell des Kurzzeitgedächtnisses) |
|
Wiederholen von Fragen, Erzählen der gleichen Geschichten |
|
Schwierigkeiten beim Bedienen einfacher Geräte | |
Vergessen von Verabredungen | |
nicht mehr Wissen welcher Tag, Monat heute ist | |
Aufmerksamkeits- und Konzentrationsstörungen | |
Wortfindungsschwierigkeiten, Wortschatz nimmt ab | |
Orientierungsstörungen |
|
Schwierigkeiten beim Planen und Organisieren (Urlaub) |
|
Geldschwierigkeiten – zahlt immer mit 50er |
|
Eingeschränktes Urteilsvermögen - Fehleinschätzungen | |
Interessensverlust, Antriebslosigkeit,
sozialer Rückzug |
|
Persönlichkeitsveränderungen – Reizbarkeit, Aggressivität,
Verweigerungsverhalten |
|
Schlafstörungen, Halluzinationen |
Medikamente, die eine Konzentrationsschwäche, Erinnerungslücken auslösen können: |
|
Beruhigungsmittel und andere Psychopharmaka | |
Anticholinergika: Arzneimittel z. B. gegen Inkontinenz |
|
Krampflösende Mittel , Muskelrelaxanzien |
Verlauf
der Demenzerkrankungen: |
Normales Altern: Verminderte Leistung bei Aufgaben, die Flexibilität erfordern,
keine Probleme bei eingespielten Denkweisen, Sprache, Verhalten |
Vorstadium: Person bemerkt Beeinträchtigungen, verlegte Dinge werden wieder
gefunden, schlechte Leistung bei Aufgaben, die Flexibilität erfordern |
Anfangsstadium: Vergesslichkeit, zeitliche Orientierungsprobleme, negiert
Beeinträchtigungen –Erfinden von Ausflüchten -
benötigt zunehmend Unterstützung |
Moderates Stadium: Verlust der Selbstädigkeit, Handfertigungskeitsstörung
(Haushalt, beim Ankleiden) Desorientierung (Zeit, Ort), Verirrt sich auch im
Haus, kein Interesse an der Umwelt, Sprachstörungen, Vernachlässigung der
Hygiene, Wahnvorstellungen (Diebstahlsbeschuldigungen) |
Schweres Stadium: Gedächtniszerfall, Verlust des Kurzzeit Gedächtnisses, mangelnde Orientierung, Sprachzerfall, Verlust des Durstgefühls, Inkontinenz, Agnosie (Nichterkennung der Angehörigen) |
Eine
Depression kann bei älteren Menschen mit Symptomen wie Vergesslichkeit,
mangelnde Konzentrationsfähigkeit einhergehen - ähnliche Symptome wie bei
einer Demenzerkrankung. Andererseits ärgern sich Demenzbetroffene zu Beginn der
Erkrankung über den Verlust ihrer Fähigkeiten, sie versuchen die Symptome zu
vertuschen. Dieses Ausweichen kann zu einer Überforderung, Niedergeschlagenheit
und Depression führen.
Es
sollte frühzeitig eine richtige Diagnose zwischen Demenz und Depression als
Grunderkrankung gestellt werden, weil die Behandlung sehr verschieden erfolgt.
Depression
- Gefühle der Sinnlosigkeit treten immer dann auf, wenn das Leben zur Last
wird. Antriebsschwäche, Energieverlust, Persönlichkeitsveränderungen sind
nicht ein Teil des Älterwerdens
Depression |
Demenz |
1. Gleichbleibend schlechte Stimmung | 1.Stimmunsschwangskungen |
2. Patient erkennt und klagt über geistige Defizite | 2. Patient leugnet und vertuscht geistige Defizite |
3. Rasche Verschlechterung | 3. Langsames Fortschreiten des Verlaufes über Jahre |
4. Hilflosigkeit, Angst | 4. Persönlichkeitsänderungen |
5. Ist nicht sehr leistungsfähig | 5. Versucht Defizite durch Erinnerungshilfen auszugleichen |
Diagnose
von Demenzerkrankungen
Nicht
jede Alterserscheinung, wie das Vergessen eines Termins, Verlegen der Brille...,
ist ein Anzeichen für Demenz. Dennoch sollten alle Anzeichen ärztlich abgeklärt
werden. Fachärzte, Memory- Kliniken führen verschiedene, spezielle Tests
durch. Achtung, den Patienten vor dem Test nicht zu sehr mit Beruhigungsmittel
sedieren.
MMSE - Test: (Mini-Mental-Status-Test) |
elf
Aufgaben aus dem Bereichen Orientierung, Gedächtnis, Rechenfähigkeit,
Konzentration, Sprache, Schreiben, Motorik |
Uhrentest: |
Wird
die Testperson überfordert, wenn sie in einem Kreis eine bestimmte Uhrzeit mit
den Zeigern aufzeichnen soll? |
Fragen zur Diagnostik: |
Wann sind welche Symptome zum ersten Mal aufgetreten? |
Rückzug von Freunden, Vernachlässigung von
Hobbies, Gewohnheiten? |
Veränderung der Persönlichkeit? Aggresiv, gereizt |
Orientierungsschwierigkeiten? Unsicherer Eindruck |
Veränderungen des Tag/Nacht/Rhythmus? |
Wertschätzung
des kranken Menschen, nicht ausklammern
Neben Vergesslichkeit sind auch Persönlichkeitsveränderungen
Kennzeichen von einer Alzheimerdemenz |
|
Ständiges Bestätigen, Loben, nicht herabsetzen oder kritisieren | |
Nicht mit Argumenten versuchen zu berichtigen oder gar zu überzeugen,
nicht belügen! |
|
Beim wiederholten Stellen
der gleichen Frage auf ein anderes Thema lenken – nicht vorwerfen“ Das hast
Du schon so oft gefragt“ |
|
Einfache Fragen stellen – wie,
wer, was, wann, nie aber warum |
|
Wie geht es Dir? Was siehst Du? Gibt das Gefühl der Zugehörigkeit |
|
Tagesablauf nach einem täglichen gleichen Zeitplan organisieren –
feste Essens- und Ruhezeiten |
|
Medikamente regelmäßig einnehmen |
|
Körperkontakt, Berühren, Streicheln, Umarmen, Eincremen, Massieren, Gefühl
des Verständnissses |
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Gemeinsam etwas erleben – Spaziergänge, Kaffeehausbesuch, Ausflug | |
Erinnerungen wecken – Fotos, Geschichten, Musik | |
Bei Gartenarbeit, im Haushalt miteinander arbeiten, gibt das Gefühle
gebraucht zu werden |
|
Orientierung im Haushalt durch eine helle
Beleutung, Beschriftung der
Zimmer |
|
Augen und Ohren regelmäßig überprüfen, da Fehlsichtigkeit und Hörprobleme
die Betroffenen zusätzlich verunsichern |
|
Typische Verliergegenstände festbinden: Brille um den Hals hängen, Schlüssel
am Hosenbund befestigen |
|
Sich selbst entladen – Nichtanerkennen, Vorwürfe des Patienten nicht
persönlich nehmen |
|
für eine Auszeit Pflegedienst oder Angehörige in Anspruch nehmen | |
Selbsthilfegruppen, Seniorentreffs zum Aussprechen |
|
In einer
auf Demenzerkrankungen geschulten Apotheke |
Validation
nach Naomi Feil
Validation
(Gültigkeitserklärung) ist eine Methode zur Kommunikation mit sehr alten,
desorientierten Menschen. Im Lauf des Lebens sind viele Probleme, nicht gelöste
Konflikte, unterdrückte Gefühle, Verluste, Traumatisierungen aufgetreten, die
oft am Ende des Lebens noch aufgearbeitet werden sollen. In dieser letzten
Lebensphase brauchen die Menschen ein einfühlendes, nicht wertendes Zuhören,
Akzeptanz, Verständnis, Deutung der Ausdrucksweise, der Symbole (Handtasche für
das Weibliche, Handy, Geldbörse, Autoschlüssel für das Männliche). Mit der
Validation kann man die Sprache, Ausdruckweise erlernen und verstehen und
dadurch in Kontakt bleiben. So wahrt man Würde und spürt Freude bei den
Betroffenen.
Bei
Gesprächen langsam, deutlich sprechen, einfache Sätze, einfache Worte, mit
Geduld Äußerungen wiederholen, Augenkontakt, Gesten, Geräuschquellen
ausschalten... Nicht dagegen reden, besser ablenken. Verletzend wird auch
empfunden, wenn über den Kopf hinweggeredet wird.
Wie
können wir uns vor Alzheimer schützen?
Die 4 Säulen der Vorbeugung: |
1. Ernährung |
2. Bewegung | |
4. Soziales Leben |
1.
Ernährung
Chinesisches
Sprichwort - " Ganz egal, wer der Vater einer Krankheit ist, die Mutter ist
immer die Ernährung"
Traditionelle
mediterrane Ernährung –
hoher Anteil an Obst und Gemüse,
Hülsenfrüchten, Getreide
Wenig Milchprodukte, Fisch, Alkohol (nur Rotwein)
Sehr niedriger Anteil an Fleisch und Geflügel
Keine tierischen Fette, aber reichlich Olivenöl
Nitratreiche Ernährung vermeiden (Geräucherte Nahrungsmittel, mit
Kunstdünger belastete Nahrungsmittel)
Trinkplan |
|
Zum Frühstück: 2 Tassen Tee oder Kaffee |
300ml |
Vormittags: 2 Gläser Wasser, Tee, Apfelsaft |
400ml |
Zum Mittagesssen: 1 Teller Suppe |
150ml |
2 Gläser Wasser, Saft, Bier, Wein |
400ml |
Nachmittags: 1Tasse Kaffee oder Tee |
150ml |
1 Glas Wasser, Saft | 200ml |
Zum Abendessen: 2 Gläser Wasser, Saft, Bier, Wein | 400ml |
Abends: 1 Glas Wasser |
200ml |
Ergibt: |
2.200ml Flüssigkeit |
Nahrungsmittelergänzungen
Radikalfänger aus Obst, Gemüse - Vit E, Vit C, Betacarotin bieten einen Zellschutz auch im
Gehirn bei der Zerstörung der Zellmembranen der Synapsen. Rauchen vermeiden!
Omega3Fettsäuren aus Lachs, Kabeljau erhöhen die Membranfluidität,
Folsäure, Vitamin B6, B12 aus grünen Blattgemüse, Vollkornprodukten,
Milch... können das schädliche Homocystein (Aus Eiweißstoffwechsel
entstanden) abbauen. Ein erhöhter Homocysteinwert kann Alzheimer fördern!
CoEnzym
Co10, Carnitin wirken anregend, sind bei Alzheimer Patenten meist
kaum vorhanden
Gingko bewirkt eine Zunahme der Konzentration von Acetycholin, kann für
einen gewissen Zeitraum kognitive Parameter verbessern, also die geistige
Leistungsfähigkeit steigern und das Zurechtkommen im Alltag erleichtern, sorgt
für Ausgeglichenheit, macht belastbarer
2. Bewegung:
"In einem gesunden Körper wohnt ein gesunder Geist"- so lautet eine römische Weisheit.
Bewegung regt die Durchblutung des Gehirnes an und führ damit zu einer besseren Sauerstoffversorgung.
Eine Blutdrucksenkung vermindert das Schlaganfallrisiko
30 Bewegungsminuten pro Tag
Tanzen, Walken, Schwimmen
3. Aktiver Geist:
Je mehr das Gehirn gefordert wird, desto mehr Synapsen werden gebildet und Nervenzellen mit einander verknüpft.
Lernen von Neuem und Kommunikation mit anderen, Neugierde, Freude am Lernen
4.Soziale Kontakte:
Gedankenaustausch, Vermeiden sozialer Isolation
Suche nach neuen Kontakten
Kursangebote nützen
10 Tipps für den Alltag: | |
Gehirn aktiv halten: Karten-Schachspielen, Sprache lernen, Lesen | |
Zähne pflegen – Entzündungen im Zahnfleisch – Parodontose – können
sich auf das Gehirn ausweiten |
|
Reichlich Grünen Tee trinken – wirkt antioxidativ,antitumorös und
kann ß-Amyloid- Plaques auflösen!! Johanniskrautextrakt sollte nach neuesten
Studien auch diese Plaques auflösen können! |
|
Curry – Gewürze beugen Demenz vor:
Curcumin ½ - 1 Teel + 1
Messerspitze Pfeffer (2000fach bessere Aufnahme!) + 1 Teel. Olivenöl über
Salat, Gemüse, in Suppe. Stärkste antientzündliche, antioxidative,
antinitrosative und antitumoröse, natürliche Substanz |
|
Verzicht auf fette Speisen mit gesättigten Fettsäuren- besser Nüsse,
Oliven- oder Rapsöl verwenden |
|
Zucker, erhöhter Insulinspiegel beeinflussen die Leistung der
Gehirnzellen – Zimt hält den Insulinspiegel konstant |
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Apfelsaft fördert die Produktion von Acetylcholin |
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2-5 Tassen Kaffee senken das Alzheimerrisiko –antioxidativ, fördert
Aktivität |
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In die Sonne gehen und die Produktion von Vit. D erhöhen | |
Googeln – 1 Stunde täglich surfen erhöht die Aktivität des Gehirns |
Bleiben wir neugierig und interessiert! |
Schenken
wir Wertschätzung: Der Verlust der Würde ist schlimm- geben wir allen
Menschen das Gefühl geachtet und gebraucht zu werden- deshalb sind in
Japan überdurchschnittlich viele Menschen über 100 Jahre alt, aktiv
und gesund.
Mag. Eva Fellner |